Chronik

 

Um die Jahrhundertwende 1899/1900 entbrannte ein Duell zweier Wirte in Breitenfurt. Zum einen war da der legendäre „Milchrahmstrudelwirt“ Franz Stelzer, sein Gegner war der Gemeindesekretär Eugen Josef Kumpfy. Dieser hatte nicht zuletzt aus politischen Gründen ein „Konkurrenzrestaurant“ zu dm weithin bekannten Lokal des Franz Stelzer neben der Pfarrkirche St. Johann eröffnet. Doch er hatte nicht mit einem taktisch sehr klugen Schachzug von Ex – Bürgermeister Stelzer gerechnet. Dieser animierte nämlich Herrn Anton Schillhammer einen Musikverein zu gründen und stellte zugleich sein Gasthaus als Probelokal zur Verfügung. So konnte er den Großteil der heimischen Bevölkerung an sein Lokal binden. Bei der Gründung des Musikvereins konnte Schillhammer auf eine zeitweise bestehende, lose organisierte Musikkapelle unter Leopold Pyringer zurückgreifen. Er vereinigte alte und junge Musiker zu einem 31 Mann starken Blasorchester, das dann bei Auferstehungs- und Fronleichnamsprozessionen, Begräbnissen, bei Gemeinde- und Feuerwehrfesten, Unterhaltungen aller Art sowie Tanzveranstaltungen unzählige Male an die Öffentlichkeit trat. Das exakte Gründungsdatum des Vereins lässt sich nicht mehr genau feststellen, es muss aber in den Jahren 1898/99 gewesen sein. Rund ein Jahr soll die Gründung gedauert haben, bis im Jahr 1900 auch die Bewilligung durch die damals zuständige K & K Bezirkshauptmannschaft Sechshaus erteilt wurde. Breitenfurt hatte einen Musikverein.

Die Schlossrestauration Eugen Kumpfys ist bald verschwunden, das altrenommierte Stelzer – Gasthaus wurde mangels männlicher Erben an Brenner – Felsach verkauft, der einen Gutshof daraus machte. Freund und Feind von einst sind längst ins kühle Grab gesunken – nur der Musikverein Breitenfurt hat die Zeit überlebt. Freilich hat der Verein im 1. Weltkrieg infolge der Kriegsdienstleistungen seiner jungen Mitglieder gelitten, aber die Nachkriegszeit sah ihn schon wieder in die aufsteigenden Kurven. Im Zusammenhang mit dem unter Bürgermeister Alois Mayer geschaffenem „Theaterverein“ mit seinen Aufführungen im „Schloss – Theater“ Breitenfurt entstand auch ein Streichorchester, das zunächst in den Aufführungspausen konzertierte und zu verschiedenen Liedern die Begleitmusik lieferte. Die Instrumentation und die vielen Noten hat damals Schillhammer ohne Honorar allein bewältigt.

In diesem Zusammenhang sei auch auf Schillhammers Kompositionen hingewiesen, von denen leider nur einige wenige erhalten geblieben sind: der „Breitenfurter – Marsch“, der Walzer „Sternschnuppen“, die Potpourri „Beim Heurigen“ und anderes mehr.

Das 25 jährige Gründungsfest im Gasthaus Pyringer wurde ein voller Erfolg. Im Tätigkeitsbericht anlässlich dieses Festes wird erwähnt, dass von den 24 Mitgliedern nur mehr 6 aus den Tagen der Gründung stammten. 9 Gründungsmitglieder waren bereits verstorben, 5 davon vielen im Krieg. Insgesamt trat der Verein in den ersten 25 Jahren seines Bestehens 147-mal auf. Der Musikverein muss daher auch in den Kriegsjahren aktiv gewesen sein, wobei ein Großteil der Instrumente und Noten über die Jahre hinweg gerettet werden konnten.
Darüber hinaus wird stolz berichtet, dass seit der Gründung 521 Blech- und 234 Streichproben abgehalten worden waren.74 Personen erhielten unentgeltlich Musikschulunterricht. Der Musikverein Breitenfurt war somit auch Vorläufer unserer heutigen Musikschule.

Von den 30er Jahren wird berichtet, dass der Verein nur so recht und schlecht in diesen schweren Zeiten seine Aufgaben erfüllen konnte. Die politischen und wirtschaftlichen Ereignisse dieser Zeit wirkten sich besonders in den menschlichen Beziehungen aus. Das klein gewordene Österreich konnte nicht zu sich finden. Die Arbeitslosigkeit, der Bürgerkrieg 1934 und nicht zuletzt die Auflösung Österreichs 1938 machte auch im Musikverein Freunde zu Feinden.

Die Auswirkungen des 2. Weltkrieges waren auch für unseren Verein fürchterlich. Nicht nur, dass durch die russische Besatzung mit vielem privaten Eigentum auch die Musikinstrumente, Noten und sonstige Ausrüstung zerstört und verschleppt wurden, fehlte es auch an Musikern. Der Krieg hatte fürchterliche Opfer gefordert und der Musikverein wurde bis auf 5 Mitglieder reduziert. Doch mit der Rückkehr der ersten Kriegsgefangenen begann sich das Vereinsleben wieder zu regen und mit anderen Musikinteressierten wurde im Herbst 1947 ein Übungsbetrieb aufgenommen.

Am 26.5.1948 wurde die Auflösung des Vereins nach den nationalsozialistischen Statuten und am gleichen Tag die Neubildung nach demokratischen Grundsätzen beschlossen. Einer der aktivsten und einfallsreichsten Aktivisten war damals der Sohn des seinerzeitigen Mitbegründers und Gemeindesekretärs Rath, Herr Karl Rath. Er war auch bis zu seinem tragischen Tod im Jahr 1973 Musikleiter und Organisator. Zum ersten Obmann nach dem Krieg wurde jedoch bei der Neugründung Herr Josef Ohswald, Landwirt, gewählt, zu seinem Stellvertreter Heinrich Sereda sen., der Vater des späteren Bürgermeisters. Zu dieser Zeit hatte der Verein 15 Mitglieder.

Ein besonderer Bittgang des damaligen Musikleiters Rath beschaffte bei amerikanischen Stellen jenes Geld, mit dem alte, von den Russen nicht beschlagnahmte Instrumente und Noten angeschafft werden konnten. Nach und nach wurde der Musikverein wieder ein bestimmender Teil der kulturellen Entwicklung in unserer Gemeinde.

Mit der Ausgemeindung Breitenfurts aus dem Verband Groß-Wien und der somit wieder erlangten Selbständigkeit, sowie einem neuen, jungen Obmann, Ferdinand Weißmann, wurden die Verhältnisse immer günstiger. Die Gemeinde konnte den Verein wieder finanziell fördern. Während des 50. Gründungsfest nur in kleinem Rahmen gefeiert wurde, zeigte der Verein im Jahr 1960 wieder seine volle Stärke. Zusammen mit dem Jubiläum „200 Jahre Schule in Breitenfurt“ und „60 Jahre Männergesangsverein“ wurde ein großes Fest begangen. Von nun an ging es ständig bergauf. Es gab regelmäßige Subventionen durch die Gemeinde und Eingänge aus diversen Veranstaltungen. Es gab aber leider auch Mangel an aktiven Musikern. So wurde im Jahr 1968 ein Vorschlag des Vereins, eine interne Musikschule zur Heranbildung junger Musiker zu gründen, auch vom Gemeinderat mit Interesse zu Kenntnis genommen und im Rahmen einer Anton Schillhammer – Stiftung eine erste Subvention von 5000 Schilling bewilligt. Nach einer organisatorischen 

Anlaufphase begann im Jahr 1973 der Unterricht mit 15 lernbegierigen jungen Musikern im Alter von 7 – 14 Jahren, von denen 9 als aktive Musiker beim Verein geblieben sind. Im Jahr 1975 begann ein weiterer Kurs mit 15 Kindern an dem erstmals auch 2 Mädchen teilnahmen. Der Musikverein Breitenfurt ist heute aus dem Leben unserer Gemeinde nicht mehr wegzudenken. (Muttertagsfeier, Maibaumaufstellen, Friedhofsfeiern usw.)

Auf eine Tradition sei an dieser Stelle besonders hingewiesen, das sogenannte Anschlagen. Es ist eine alte Gewohnheit, dass der Musikverein jährlich in den Wochen vor Fronleichnam von Haus zu Haus zieht, um ein musikalisches Ständchen darzubringen, und die Leute um einen kleinen Beitrag für das unentgeltliche Mitwirken bei vielen kirchlichen und geselligen Veranstaltungen in der Gemeinde zu bitten. Am Sonntag nach Fronleichnam wird dann letztmals von Höniggraben aus bereits um 5 Uhr in der Früh angeschlagen um die Bevölkerung zur Prozession einzuladen. Nach dem kirchlichen Umgang trifft man sich dann zu einem gemütlichen Beisammensein im ehemaligen Gasthaus Pyringer, heute Kühmayer, zum Frühschoppen.